27. Juli 2013 - Weltmeisterschaften der jungen Reiter und Junioren CEI2* 120km - Tarbes, Frankreich

 

Nun war es also soweit, das hoch gestreckte Ziel die Qualifikation für die Junioren WM war geschafft und wir hatten gepackt für das grosse Abenteuer. Abenteuer WM: 22. - 28. Juli 2013

Da mein Auto kurz vor der Abreise zu spuken begann, bekamen wir als Groomfahrzeug das Auto meines Vaters. Das musste alles noch am Montagmorgen organisiert werden. Zum Glück war schon vorher klar, dass wir für den Transport von Partiba für die 1000km lange Strecke den Equi Trek von Nina und Marcel Good bekamen. Ca. um 8 Uhr Abends fuhren wir los. Die Reise schien endlos, aber es hat alles gut geklappt. Partiba fühlte sich nach ca. 10 Min. im Equi schon sehr wohl und fuhr sehr ruhig. Sie genoss die Pausen, die wir einlegten um mit ihr spazieren zu gehen. An einer Raststätte hatte es sehr Bäume mit tiefen Ästen, als sich da ein Tier bewegte erschrak sich Partiba und verletzte sich ein wenig an einem der Äste, die Wunde war aber nicht tief und am Bauch so dass wir uns nicht weitere Sogen machen mussten. 

Ab neun Uhr morgens durfte man die Pferde aufs Gelände bringen und genau für diese Zeit hatten wir uns auch angemeldet. Um 09.10 Uhr fuhren wir dann aufs Gelände. Es waren schon einige Pferde da die auf die Tierarzt Untersuchung warteten. Auch wir fanden dann mal heraus, wo wir uns melden mussten. Alle Pferde wurden einer Tierärztin vorgestellt, welche uns erst einmal einen Fiebermesser in die Hand drückte. Die Temperatur wurde aufgeschrieben dann wurde der Mikrochip gelesen und natürlich die ganzen normalen Sachen wurden auch kontrolliert. Jedes Pferd welches die Kontrolle überstanden hatte, bekam einen grünen Punkt auf den Po. Ohne diesen Punkt hatte man keine Chancen zu den Boxen zu kommen. Pro Pferd durften 3 Personen in den Boxenbereich, diese mussten sich vorgängig anmelden mit Foto usw. Im Sekretariat gaben sie sich alle Mühe, die Fotos mit den Leuten abzugleichen und die Geburtsdaten zu überprüfen. Wir bekamen nun unsere „Bändeli“ damit wir zu den Boxen durften und wurden von einer Person zu Partibas Box begleitet. 

Die Zeltstallungen waren auf einem Feld, das mit spitzen Steinen ausgeebnet wurde. Mann musste ordentlich einstreuen damit keine Steine mehr zu fühlen waren. 

Am Abend zogen wir dann in unsere Ferienwohnung ein, welche wirklich wunderschön war. Einziger Nachteil, sie war weit vom Gelände entfernt. Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Am morgen wurden die Pferde jeweils von der Equipen Tierärztin Alessandra angeschaut, danach war Zeit zum Reiten. Zwischen 12.00 und 14.00 Uhr war Boxenruhe, da konnten wir essen gehen und am Nachmittag sassen wir unter den Bäumen mit Partiba. Zwischendurch noch die Groompunkte anfahren, einkaufen usw. 

Am Donnerstagnachmittag war die Eröffnungsfeier im nahe gelegenen Gestüt. Es war unheimlich heiss und wir waren alle froh als es vorbei war. Anschliessend war eine wunderschöne Schau mit Vollblutaraberhengsten und Tänzern, die leider fast niemand mehr angeschaut hat.

 

Rot, rot, rot - die Schweizer sind hier!

Am Freitag ging’s dann langsam los. Die Voruntersuchung hat Partiba sehr gut bestanden. Jeanne konnte sich fast nicht erholen, dass der Tierarzt versucht hat, mit ihr auf berndeutsch zu sprechen. Wir bekamen dann noch die letzten Informationen zum Rennen von der Equipenchefin Sandra. Bevor wir früh schlafen gingen, wurde Jeanne noch zur Inhalation gezwungen, da Sie schon die ganze Woche stark Husten hatte und kein Mittel richtig anschlagen wollte.

Vortraben in der Vorkontrolle

Samstag um 06.30Uhr war der Start, schön war es die Aufregung in den Gesichtern zu sehen und der Start war auch sehr Aufregend. Manche liessen Ihre Pferde gehen, andere konnten Sie beim besten willen nicht mehr halten. Unsere beiden Schweizerinnen waren ziemlich hinten und galoppierten friedlich an uns vorbei. 

Wir fuhren dann los zum zweiten Groompunkt, der erste konnte zu Fuss von Marcel und Nina betreut werden. Die Strecke, die da den Groomautos zugemutet wurde, hat den Namen Strasse nicht verdient. Aber das macht das Groomen eben spannend. Zu diesem Zeitpunk war die Temperatur noch angenehm, die Luft aber schon unerträglich feucht, der Staub wurde durch die Luft gewirbelt, so dass man das Gefühl hatte im Nebel zu stehen. Die Motorräder kündeten die ersten Reiter an. Man musste sich wirklich gut achten wo man stehen blieb, denn die Reiter schienen oft keine Ahnung zu haben, dass man ein Pferd auch steuern kann. Janine und Jeanne haben die Spitze ziehen lassen und kamen etwas später. Jeanne signalisierte, dass was mit dem Sattel nicht gut sei. Da es bis zum nächsten Groompunkt nicht weit war, wollten wir aber erst dort genaueres ansehen. Wir konnten zum nächsten Punkt nur kurz über einen Feldweg gehen. Kurze Zeit später kam Jeanne angeritten, wir nahmen Partiba auf die Seite, sattelten neu und schon konnte es weitergehen. Am nächsten Punkt konnten wir Sie nicht betreuen, da es unmöglich war, die Strecke in dieser Zeit zu fahren. Die Betreuerfahrzeuge stauten sich auf der Strasse. Es brauchte Nerven bis der letzte Punkt erreicht war. Die Pferde wie auch die Reiter sahen munter aus. Und so fuhren wir mit einem guten Gefühl zurück zum Gelände. 

Erster Groompoint - Jenny rennt ;-)

Wunderschöne Stimming - Nebel, Sonnenaufgang, offene Flur...

Bis Partiba und Jeanne kamen, hatten wir noch etwas Zeit um zu sehen, wie die anderen Teams mit dem etwas engen, aber sauber eingeteilten Platz und den strengen Regeln, die auf dem Areal herrschten, umgingen. Wir waren sehr zufrieden als wir sahen, dass die Stewards ihren Job gut machten und alle, die gegen die Regeln verstiessen, sofort ermahnten. 

Partiba und Jeanne sahen gut aus als Sie ins Ziel ritten. Jedoch hatten wir sehr lange um den Puls zu senken, fast 6 min. brauchten wir, bis wir endlich zeigen konnten. Partiba war sehr ruhig für Ihre Verhältnisse, was mich glauben liess, dass sie erwachsen wird und das mit dem Puls wohl einfach die Wärme und vor allem die Luftfeuchtigkeit sei. Wie normal konnte sie in der ersten Pause nicht stehen, man frisst während man einen Menschen herumführt.

Vortraben im Vet-Gate

Die erste Schlaufe über 37km haben die beiden mit ca. 17,5 km/h gemacht. Wir beschlossen ab sofort das Tempo zu senken, da es immer wärmer wurde und die zweite und die dritte Runde sehr technisch zu reiten sind. 

Frisch starten die beiden auf die nächste Runde. Partiba trinkt normalerweise immer ab dem ersten Groompunkt auf der zweiten Schlaufe. Nicht so in diesem Rennen, sie verweigert das Wasser und das, obwohl es so heiss ist. Auf dem zweiten Punkt beginnt sie endlich mit trinken, leider laufen ihre Kollegen weiter, so dass sie nicht ganz soviel trinkt wie sie eigentlich sollte. Danach haben wir auch noch Pech obwohl Jeanne nicht schnell reitet und Nina am Steuer unseres Autos alles, wirklich alles gibt, schaffen wir es nicht rechtzeitig zum nächsten Groompunkt. Das ist nicht gut, da Partiba dringend Wasser braucht. Immerhin eine Stelle gibt es noch vor dem Ende dieser Schlaufe und unterwegs hat es auch noch Wasserstellen. 

 

Die Grooms Jenny (links) und Nina (rechts) fleissig am groomen

Jeweils nur vier Mitglieder des Teams sind im Grooming-Area erlaubt - hier Jeanne, Tabea, Nina & Stefi

Nach 67 gerittenen Kilometern erreichen die beiden das zweite Mal das Zielgelände. Obwohl Jeanne das Tempo auf 13,9km/h zurücknahm, hatten wir 7 min. bis wir zu den Tierärzten konnten. Partiba trank nun aber gut. Sie jagte uns allen Angst ein, als sie in der Pause plötzlich Bauchschmerzen bekam und nicht mehr so super aussah. Das legte sich aber sofort wieder, gemeinsam mit unserer Equipentierärztin Alessandra beschlossen wir, die dritte Schlaufe in Angriff zu nehmen. Für Jeanne war es schwer, natürlich steht für Sie das Wohl des Pferdes an erster Stelle. Verspürt sie auch nur den kleinsten Hinweis, dass sie Partiba Schaden zufügen könnte, ist ihr nicht mehr wohl. Wir einigen uns darauf, dass sie sehr langsam reitet und wenn Sie merkt, dass Partiba nicht mehr will, so kann sie das Rennen auch auf der Strecke abrechen. 

Gesagt getan, im Schritt und durch die ganze Aufregung 4min. zu spät verlassen die beiden das Gelände, aber schon kurze Zeit später trabt Partiba an und läuft vor sich her. Das Klima macht ihr schon zu schaffen und die Strecke ist brutal. Sie kommt aber immer mit gespitzten Ohren und wachen Augen bei uns vorbei, trinkt einigermassen und frisst auch gerne mal eine Karotte. 

99km haben die Beiden nun schon geschafft, das Tempo auf dieser Schlaufe liegt noch bei 12.6km/h. Wieder haben wir lange bis der Puls unten ist, aber beim Tierarzt ist alles gut. Bis zum Re-Check müssen wir schauen, dass Partiba gut trinkt, frisst und kühl bleibt.

Kühlen, kühlen, kühlen - es ist HEISS!

Zu Beginn der Pause klappt das alles sehr gut. Ca. 10min. vor dem Re-Check will sich Partiba wälzen. Ich habe mir nichts dabei gedacht, sie wählt sich ja ihre Stellen jeweils gut aus. Diesmal aber nicht. Als Partiba wieder aufsteht, belastet sie ihr rechtes Hinterbein nicht mehr, sie ist richtig lahm. Wahrscheinlich hat sie sich auf einen Stein gelegt. Wir versuchen ganz langsam zu laufen. Partiba währe aber nicht Partiba, wenn Sie das nicht wegstecken würde. Nach wenigen Schritten belastet sie das Bein wieder voll. Richtig Aufatmen können wir aber erst als sie im Re-Check wieder ein A für den Gang bekommt. Mit einem grossen Geschrei von uns allen galoppieren die beiden ab auf die letzte Schlaufe. 

Wir wollen einfach durchkommen, also kein Risiko mehr eingehen, das Tempo regelmässig halten und sich von anderen Reiterpaaren nicht die Motivation nehmen lassen. Auf der letzten Runde sieht man verschiedene Bilder, einige Pferde sind völlig müde und können kaum noch zum traben bewegt werden. Das Pferd einer Reiterin aus den USA dagegen scheint wie neu und galoppiert in unheimlichem Tempo Richtung Ziel. Jeanne und Partiba versuchen nichts mehr und laufen gleichmässig die letzten 20km auf sicher.

Auf der Zielgeraden bekommt Jeanne die Schweizerfahne in die Hand. Im Galopp mit Tränen in den Augen, die zwischen den gespitzten Ohren von Partiba durchblicken, überqueren sie die Ziellinie. 

Mit Fahne im Galopp ins Ziel! Und die Ohren sind gespitzt!

Nun noch einmal alles geben, nach 12 min. gehen wir langsam und gespannt in die Schlussuntersuchung. 

Ich habe mich bisher bei jedem Rennen unbeschreiblich gefreut, wenn wir durchgekommen sind. Aber bei diesem Rennen war die Erleichterung so gross, das ich mich kaum noch auf den Füssen halten konnte. Die Gratulation der Tierärzte als Belohnung für die emotionale Herausforderung, die uns dieser Ritt geboten hat. Es war einfach unglaublich…….

Am Schluss haben Jeanne und Partiba das Rennen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 14.322km/h auf dem 42. Rang beendet. 91 Paare waren am Start, davon konnten nur 49 das Rennen beenden. Wir können mit dem Ergebnis gut Leben, haben wieder viel gelernt und wie heisst es so schön: angekommen ist gewonnen!

An dieser Stelle möchten wir auch noch dem Team Bobsin gratulieren. Janine konnte mit Bagira den 36. Rang mit einer Geschwindigkeit von 15,794 km/h belegen.

Die beiden Reiterinnen (und anschliessend auch Equipenchefin Sandra und Team-Vet Alessandra) bekamen ein (eher ungewolltes) Bad in einem der vielen Wasserbottichen! :-)

PLANTSCH!

Einen herzlichen Dank geht einmal mehr an alle die in Tarbes dabei waren, sich die Zeit genommen haben mit uns dieses Abenteuer zu bestreiten. Aber auch an alle, die uns die finanziellen Möglichkeiten gaben, hier überhaupt dabei zu sein. Natürlich danken wir auch allen, die uns aus der Ferne die Daumen gedrückt haben und sogar per SMS Tipps zukommen liessen.

Jeanne bei der Übergabe der Preise

Die Auszeichnung!

Einige Worte gelten noch dem ganzen Geschehen ausserhalb unseres Teams. Obwohl wir schon viel gehört hatten über die Zelte der UAE konnte ich mich dennoch fast nicht satt sehen. Unglaublich gross dieses Haus mit drei Badezimmern, Kronleuchtern, riesigen Satellitenschüsseln, Fernseher und und und. LKWs aus Italien brachten haufenweise Möbel, die Metallstangen wurden mit Holz eingefasst und weiss gestrichen. Natürlich durften auch die Pflanzen nicht fehlen. Bewohnt wurde dieser Palast dann von Freitagabend bis ja vielleicht Sonntag um 10.00 Uhr. Danach begann sofort der Abbau. 3 LKWs mit Material für die Pferde, unglaubliche Mengen Eis und natürlich 7 Paletten Mineralwasser, damit das Wasser auf der Groomstrecke auch schön frisch ist. Zwei Jungs waren das ganze Rennen damit beschäftigt, die Wasserflaschen auf der Strecke wieder einzusammeln. Die Parklätze für die Groomfahrzeuge waren schön nummeriert, aber wen interessierte es, ob die Schweizer einen Parkplatz haben oder nicht, da stellt man doch einfach die schicken Mietautos hin. 

Dem Veranstalter muss man aber zu gute halten, dass auf dem Groomareal wirklich alle gleich behandelt wurden, pro Pferd wurden fünf Personen zugelassen. Manchen Nationen musste das immer wieder klar gemacht werden, aber es wurde durchgesetzt.

Was mich weiter erstaunt hat war, dass sehr viele Pferde geleast, gemietet oder was auch immer waren. Ich würde sagen (nur geschätzt) knapp 50% der Pferde kamen aus Frankreich, bestimmt waren da nicht alle geleast. Einige wohlhabende Leute halten ihre Pferde vielleicht auch einfach in Frankreich und lassen sie hier trainieren. Dennoch machte es den Anschein als würden viele jugendliche Reiter ihr Pferd so schlecht kennen, dass sie ohne die Beschriftung an den Boxen nicht einmal wüssten, mit welchem Pferd sie reiten. Einige waren überhaupt nie bei den Stallungen zu sehen. Ein Reiter aus Südafrika, sein Pferd wurde übrigens her geflogen, hat Jeanne auf der Strecke gefragt ob das bei uns normal sei, dass der Reiter beim kühlen helfe und das Pferd selber vortraben müsse. Das gibt meinem Kopf bis heute zu denken, wir haben uns für diese Sportart entschieden, weil man mit dem Partner Pferd etwas erreichen will. Weil man Monate, ja Jahre trainiert und an einem Rennen sehen kann ob alles aufgegangen ist oder wo man noch optimieren kann. Schlussendlich ist es für mich logisch, dass über 50% das Rennen nicht beenden können. wenn sie ihr Pferd nicht kennen und dennoch Höchstleistungen verlangen. Natürlich kann immer etwas passieren, auch wir brauchten in diesem Rennen das ganze Glück und viel Mut um das Rennen zu beenden.

Dennoch bin ich ganz klar überzeugt, dass das Distanzreiten eine sehr pferdefreundliche Sportart ist. Menschen, die im Pferd nicht dasselbe sehen wie wir, gibt es in allen Pferdesportarten und das ist wohl normal, wenn auch manchmal schwer zu verstehen. 

 

Bericht: Tabea

Fotos: Jenny Commons

 


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